Tiepolo: Die Herrlichkeit der Göttin
In der Kunst von Giambattista Tiepolo, dem bedeutendsten Maler des 18. Jahrhunderts in Italien, lösen sich die Schatten und Kontraste der Malerei des 17. Jahrhunderts im Stil Caravaggios in helle Lichter und Farben auf. Eine Rückkehr zu dem vollen und sonnigen Licht, das nur ein Künstler hervorrufen konnte, der in der großen venezianischen Schule der Renaissance aufgewachsen ist und der dann die fürstlichen Residenzen des 18. Jahrhunderts in ganz Europa mit leuchtenden Meisterwerken ausschmücken sollte.
Der Grundstein von Tiepolos Malerei liegt in der grandiosen Verherrlichung der weiblichen Schönheit, die ihren ästhetischen und stilistischen Ursprung in den Werken von Tizian und Veronese hat. Die weichen Farben und die flüssige, präzise Zeichnung des venezianischen Künstlers erwecken langgliedrige, leuchtende und sinnliche Frauenfiguren zum Leben, welche an mythologische und poetische Themen angelehnt sind.
Der Dialog mit der Leichtigkeit des europäischen Rokoko brachte Tiepolos Malerei eine Leichtigkeit und Lebendigkeit, welche in den meisten italienischen Malschulen unbekannt war und machte Tiepolo zu einem der begehrtesten Künstler bei den königlichen und fürstlichen Mäzenen des 18. Jahrhunderts. Die großartigen Fresken der venezianischen Paläste spiegeln unmittelbar eine Welt wunderbarer Göttinnen und festlicher Amoretten wider, welche den von bonbonrosanen Wolken durchzogenen Himmel bevölkern.
Die Fröhlichkeit dieses verzauberten Olymps wird durch die Triumphe von Flora und Ceres, den weiblichen Gottheiten des Wohlstands und Reichtums überquellend mit Blumen und Vegetation, erhellt. Die süße Sinnlichkeit von Tiepolos Frauen verschmilzt mit dem Modell der edlen und strengen Weiblichkeit des 16. Jahrhunderts, wie es in den historischen Sujets von Kleopatra und den anderen von Tiepolo dargestellten realen Figuren deutlich wird, die auch in ihrer luxuriösen und majestätischen Kleidung eine Bedeutung einnehmen, die noch der der Spätrenaissance entsprach.
Der epische, großartige Sinn dieser Malerei findet seine höchste Darstellung in der Würzburger Residenz, wo der exotische Geschmack die schönen weiblichen Allegorien der Erdkontinente direkt beeinflusst. Bei Tiepolo erklingt die Schönheit des Weiblichen in der Pracht und Vollkommenheit einer Kunst, die die glorreiche Geschichte der venezianischen Malerei abschließt.